Den wichtigsten Teil des Weihnachtsfestes bildet das feierliche Mahl an Heiligabend.
„Wigilia“ kommt aus dem lateinischen „vigilare“, was „Wache halten“ heißt.
Um mit der Wache zu beginnen, wartet man zunächst auf den ersten gut sichtbaren Stern am Himmel. Das ist der Moment, an dem sich die gesamte Familie am Tisch versammelt. Gesamte Familie? Nicht ganz, denn man deckt für eine Person mehr ein. Diese Person könnte zufällig vorbeikommen und am Abendmahl teilnehmen, man würde sogar einem Fremden an diesem Tag den Einlass nicht verwehren. Möglicherweise tut man es in Gedenken an die Heilige Familie, die man überall abgewiesen hatte. Man gedenkt aber auch in dieser Art verstorbener Familienangehöriger, die nicht mehr dabei sein können.
Auf dem festlich gedeckten Tisch findet sich eine Weihnachtsoblate „opłatek“ auf etwas Stroh, zum Zeichen von Jesuskind, das auf Stroh gebettet wurde. Die Oblate wird übrigens unter allen Versammelten (wie das biblische Brot) geteilt, und jeder übermittelt jedem seine persönlichen Wünsche.
Danach wird aus der Bibel gelesen und gebetet, und erst dann darf das richtige Mal beginnen, das schon sehnlichst erwartet wird, denn üblicherweise wird am 24.12 den ganzen Tag über gefastet.
Das Abendmahl besteht aus 12 unterschiedlichen Gerichten. Es kommen Speisen auf den Tisch, die in dieser Form nur an diesem einen Abend verköstigt werden, und auf die man sich dementsprechend auch besonders freut. Warum gerade zwölf? Wohl in Gedenken an die 12 Jünger Jesu, aber auch an die zu Ende gehenden 12 Monate des Jahres, für die man seine Dankbarkeit zeigen möchte.
Was die Speisen angeht, so reichen diese von Suppen, Piroggen (Teigtaschen mit Pilzen und Kraut), Pasteten, Fischgerichten (wobei meist Karpfen gegessen wird, jedoch niemals Fleisch), über verschiedene Beilagen, bis zu mannigfaltigen Desserts, die je nach Region Polens variieren können.
Ein Dessert ist eine Art Pudding, das mit Lebkuchen, dunklem Bier und ganz vielen Nüssen, Mandeln und Trockenobst zubereitet wird. Getrunken wird auch gern ein Fruchtsaft aus mit Zimt und Nelken verfeinertem Trockenobst.
Im Großen und Ganzen hält sich das ganze Land an diesen Ablauf und auch an die Zusammensetzung der Speisen.
Nach dem ausgiebigen Mahl findet dann die Bescherung und das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern statt. Man lässt sich bei allem Zeit und genießt, denn die „Zeit des Wachens“ ist üblicherweise lang, nämlich bis Mitternacht, wenn die Kirchenglocken zur „pasterka“, einer sog. Hirtenmesse, einladen.
Auf dem Land glaubt man übrigens, dass an diesem besonderen Abend auch die Haustiere sprechen würden und teilt manchmal sogar mit ihnen die Oblate...
In diesem Sinne Wesołych Świąt und Frohes Fest!