LEO

7. Dezember ­2020

Lieder von der Erde

Der Baum träumt

„Ja,“ bekräftigte die Tanne, „die Erde singt, und ich höre ihr zu. In der Nacht friert es jetzt schon und der Rauhfrost liegt wie eine feine weiße Decke über der Erde, und wenn dann die liebe Sonne kommt und so heiß scheint, daß einem ganz wohlig wird und man sich nach ihr reckt und streckt, dann schwindet der Rauhfrost und dann höre ich ein liebliches Klingen in dem schwarzblauen Gestein, bisweilen leiser, bisweilen lauter; je kälter es aber in der Nacht war, desto kräftiger höre ich den gesang. Das ist das Lied der Erde an die Sonne.“

Aus: Goldene Früchte aus Märchenland, Märchen für jung und alt. - Elisabeth Gnauck-Kühne, Verlag von G. R. v. Halem, ohne Jahr, ca. 1900

Der Bach singt voller Wohllaut
durch das Dunkel.
Die Blumen blassen im Daemmerschein.
Die Erde atmet voll von Ruh' und Schlaf,
Alle Sehnsucht will nun traeumen.
Die mueden Menschen geh'n heimwaerts,
Um im Schlaf vergess'nes Glueck
Und Jugend neu zu lernen!
Die Voegel hocken still in ihren Zweigen.
Die Welt schlaft ein!

Auszug aus: Das Lied von der Erde, Musik von Gustav Mahler, Text Nachdichtungen von Hans Bethge aus dem Chinesischen

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