Ein eigenes Christkind
Hermann sagt, daß es ein Christkind wird, was wir kriegen, und es wird bald kommen, die ersten Tannenbäume sind schon da. Wir sollen ihm helfen, eine Krippe dafür zu machen; die soll unter dem Weihnachtsbaum stehen, und es soll fein werden.
Frieda hat sich im Bett herumgeworfen und gebrummt: Wir sollen ruhig sein, man kriegt noch wenig genug Schlaf, wenn das Gör erst da ist.
Da ist Theo aus ihrem Bett raus und zu uns reingekrochen, daß wir mit dreien im Bett gelegen haben, und Herrmann hat eine Geschichte erzählt von einem Christkind. Er hat sie früher beim Pastor gehört, und hat sie behalten.
Es war mal eine Frau Maria, und ihr Mann, der hieß Josef, und die hatten keine Kinder. Und sie wohnten in einem Stall. Und der Kaiser von der ganzen Welt hat alle Leute in seinem Reich gezählt und hat gesagt:
Es ist ein Mensch zu wenig in der Welt, und er hat sich wohl versteckt, und man muß ihn suchen.
Es ist aber ein Stern gewesen, der hat immer gerade über dem Stall gestanden, wo Maria und Josef wohnten. Und ist heller gewesen als alle anderen Sterne.
Da sind drei Waisenvaters gekommen, die haben auch nach dem verlorenen Menschen gesucht. Und haben gesagt: Der Stern, das ist er.
Und wie sie rein sind in den Stall, da hat schon der Stern in der Krippe gelegen. Und ist ein Kind gewesen, und Maria hat es mit Stroh zugedeckt. Aber von dem Schein ist der ganze Stall ganz hell gewesen.
Und die drei Männer haben den Hirten Bescheid gesagt, sie sollen es sehen. Und die Hirten haben es den Engeln gesagt, und die Engel haben es dem Kaiser gesagt und haben gesungen und gerufen: Halluja, hurra, hurra! Der Mensch, der verloren war, ist wieder da!
Frieda hat sich wieder herumgeworfen, und hat gesagt, es ist alles verkehrt, was Hermann erzählt.
Ich hab noch lange wachgelegen und hab an die Geschichte gedacht: Es ist wohl ein Märchen, aber es ist auch wirkliches dabei. Die großen Jungen sagen, es ist alles zusammengedichtet, und sie lachen einen aus, wenn man es glaubt. Aber in der Weltgeschichte kommt es auch vor und in den Liedern und im Kino. Und einen Tannenbaum machen alle Leute.